Presseartikel
tip Berlin: Marzahner Mischung
Quelle: tip-Berlin Speisekarte 2021, „Marzahner Mischung“
Text: Julia Lorenz, Fotos: F. Anthea Schaap
Was für eine Schnapsidee, ausgerechnet dort einen kulinarischen Handwerksbetrieb zu eröffnen: in einer ehemaligen Bremsenfabrik in Marzahn. Wir haben die Raumpionier*innen der Deutschen Spirituosenmanufaktur im Hinterland der Landsberger Allee besucht und – wo wir schon mal da waren – auch noch die kosmopolitische Jungstruppe von Bouche Berlin getroffen. Einer, oh ja, Kombucha Brauerei. Ein Ausflug an die Ränder der Stadt. Dorthin, wo wir die künftigen Möglichkeitsräume finden
Erstmal den Mann auf dem Gabelstapler fragen, wo man eigentlich ist. Im Industriegebiet an der Georg-Knorr-Straße gibt es nur eine Hausnummer, nämlich die Vier, dafür viel roten Backstein, viele Schranken, kryptische Hinweisschilder – und sehr wenige Gründe, überhaupt hier zu sein. Früher wurden im Werk nahe des S-Bahnhofs Marzahn die berühmten Knorr-Bremsen hergestellt, heute sind auf dem Gelände Logistikund Karosserie-Firmen untergebracht. Wenn einen der Gabelstaplermann aber zum Haus 10 schickt, einem denkmalgeschützten Teil der Anlage, und Tim Müller die Tür des Flachbaus öffnet, glänzt und duftet plötzlich alles: nach Zitrusfrüchten und Dekadenz.
Mit seinem Team betreibt Müller, passend zur Einrichtung gekleidet in Schwarz, eines der spannendsten Labore der Stadt. In seiner Deutschen Spirituosen Manufaktur stellt er Geiste, Brände, Liköre, Gin und Vodka her. Als während des Lockdowns die Umsätze einbrachen, sattelte er auf Hand-Desinfektionsmittel um, hergestellt nach WHO-Rezeptur, veredelt mit Rosmarin-, Mandarinen- oder Lavendelduft. Müller und sein Team sind nicht nur Brenner, sondern auch Erfinder, nicht zuletzt Pioniere im Marzahner Industrie-Outback.